Montag, 1. November 2010

Integration & Multikulti

"Wir als Union treten für die deutsche Leitkultur und gegen Multikulti ein. Multikulti ist tot"

- Horst Seehofer, 61, Ministerpräsident Bayern




Wer sich der Integration verweigert, der soll bestraft werden, schlägt der doch nicht abgewählte Noch-Ministerpräsident des besten Bundeslandes der Welt in seinem 7-Punkte-Plan zur Rettung der Nation vor. Die Strafe wird hart und soll „vom Bußgeld bis zur Leistungskürzung“ reichen. Doch damit nicht genug, auch über den schlechten Einfluss von Ausländern auf Ausländer hat sich der bayerische Integrations-Experte seine Gedanken gemacht und droht mit noch mehr christlicher Strenge. Auch „wer die Integration seiner Familienangehörigen behindert“, der soll „wie bei eigener Integrationsverweigerung sanktioniert“ werden. Das ist eine große Idee. Wer also seiner großen Schwester das Vokabelheft, dem Bruder die neue Bravo oder dem Papa seinen Hertha-Schal klaut, der kann jetzt ganz legal für "Integrationsbehinderung" belangt worden, nach dem CSU-Lieblingswort "Intergrationsverweigerung" ein anderer Ausdruck, der die Sprache Goethes sicher bereichern wird.

Die bayerischen Mundart-Akrobatiker und vehementen Grammatik-Verweigerer legen ja bekanntlich großen Wert auf das Themengebiet Sprache, Spracherwerb, Sprachdefizite und Sprachtest. Vollkommen egal, dass in der CSU selbst kaum einer vernünftig deutsch spricht und ein Sprachtest für Bayern im norddeutschen Ausland ein sinnvoller Beitrag zur gesamtdeutschen Integration sein könnte. Wer den bösen Ausländer eben mit sachlichen Argumenten schon nicht mit einem One-Way-Ticket zurück nach Ankara schicken kann, der versucht es eben mit billigen Taschenspielertricks. Um das ganze dann wirklich zum Erfolg zu führen, ist den CSU-Tüftlern eine Idee gekommen, die nicht nur gut, nicht mal sehr gut, sondern einfach nur noch genial ist. Für die ausreichenden Sprachkenntnisse „ist der Nachweis der deutschen Sprache bereits im Herkunftsland zu erbringen.“ Das ist perfekt durchdacht, das ist großartig, das ist die Idee von echten Poilit-Profis. Wer nicht deutsch spricht, der darf gar nicht erst kommen, schon gar nicht nach Deutschland.

Die praktische Erfahrung von realitätsfremden Sozialromantikern, Grünwählern, Sprachwissenschaftlern und Sprachlernenden - dass sich eine Sprache am besten in dem Land erlernt, wo sie eben gesprochen wird - lässt die CSU nicht gelten. Sie kann es sich ja auch leisten, denn wohl dem, der seine Stammwählerschaft zum großen Teil aus monolingualen, bildungsfernen und semiretardierten Schichten rekrutiert - Leuten also, die sich schon aus eigener Lebenserfahrung noch nie Gedanken über den Erwerb einer Fremdsprache gemacht haben.

In einem anderen großen Verein sieht man das Thema ganz anders. Nein, nicht in der CDU, sondern beim BVB in Dortmund. Der Trainer des momentanen Bundesliga-Spitzenreiters hat sich eher nebensächlich mit dem Thema beschäftigt und, im Gegensatz zu Seehofer auch etwas kluges gesagt. Der Mann hat es allerdings auch leichter, er weiß ja wovon er spricht, kennt sich aus mit "anderen Kulturkreisen", denkt bei dem Wort Multikulti nicht nur an Monokulti-Bierzelt-Reden vor tausenden von Gamsbartträgern und steht in der Tabelle auf dem ersten Platz. Ein echter Siegertyp eben, das strahlende Gegenstück zum Noch-Ministerpräsidenten aus Bayern.


"Das Integrationsthema, wie es in Teilen der Gesellschaft diskutiert wird, ist für uns keines.... In einer guten Ehe lässt man den anderen ja auch so, wie er ist."

- Jürgen Klopp, 43, Trainer Borussia Dortmund

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